... das h dann zum Selbstlaut davor gehört. Es signalisiert, dass dieser Vokal zu dehnen ist. Die Unsicherheit beim Lesen führt zu noch größeren Problemen beim Rechtschreiben. Denn an den Vokalen hängen wichtige Rechtschreibregeln.
Vokale sind die „Könige“ unter den Buchstaben. Das hören Kinder in der Grundschule. Man sagt den Schülern aber nicht, dass diese Könige, so wie im echten Leben ihre Geheimnisse haben. Sie sind nämlich oft höchst unselbständig und abhängig von anderen. Denn die Könige sind launisch, sie klingen mal kurz und mal lang. Und das können sie nicht einmal allein. Sie brauchen dazu die Hilfe anderer Buchstaben, von denen sie abhängig sind oder die sie ergänzen. Dieses Geheimnis der Vokale sollten alle Schüler kennen. Ein e ist nicht gleich e. Es klingt in Heft und wenn anders als in Hefe und wen, wobei das zweite e bei Hefe oder auch das e bei dem Wort Hase wieder anders klingt. Etliche Schüler lesen dieses e in der zweiten Silbe betont, also Hasé, weil ihnen der unterschiedliche Klang der Vokale nicht gelehrt wurde.
Vokale werden eben nicht nur mit a, e, i, o, u, ä, ö und ü verschriftet. Wie sie ausgesprochen werden, ob kurz oder lang, das hängt oft von den Buchstaben danach ab, manchmal wird die Länge des Vokals durch Verdoppelung angezeigt (Boot) oder es wird ein h angehängt (Bahn), wenn der Vokal gedehnt klingen soll. Die Schreibung der Vokale gibt es in sehr vielen Variationen, wobei im Bild die Vokale, deren Klang von den Buchstaben danach abhängt, mit einem Punkt oder Strich versehen wurden:
Bild 1: Vokale und Diphthonge – Das y wird wie ein Vokal behandelt, weil es entweder als langes oder kurzes i oder ü ausgesprochen wird. Da das y nur in Fremdwörtern vorkommt, und sich systematisch schwer gliedern lässt, lasse ich es hier außen vor.
Meine Schüler können oft nicht sagen, ob ein Vokal kurz oder lang klingt. Die Rechtschreibregel „Hörst du nach einem kurzen Vokal, nur einen Konsonanten, dann musst du diesen verdoppeln!“,
bringt oft gar nichts, wenn man die Länge des Vokals nicht bestimmen kann. Und deshalb mache ich jetzt von Anfang an auf die Bedeutung der Vokale aufmerksam und übe sie ganz konsequent.
Im Internet gibt es viele Videos und Merkblätter zu den Vokalen und der Mitlautverdoppelung, meist aber ist die Rechtschreibung der Aufhänger. Die Rechtschreibregeln kann man aber auch als Leseregeln anwenden:
„Kommen nach einem Vokal zwei Mitlaute, dann lässt du den Vokal nur kurz klingen. Kommt nur ein Mitlaut nach dem Vokal, liest du den Vokal gedehnt.“ Und zusätzlich: „Kommt nach dem Vokal ein weiterer Selbstlaut oder ein h, ist ebenfalls Dehnung angesagt.“ Man muss noch wissen, dass diese Regeln nur für deutsche Wörter, aber nicht für Fremdwörter gelten. Beispiel Krokodil: Beide o-Laute sind kurz, obwohl nur ein Mitlaut folgt.
Ich nehme in meinem Download-Ordner „Texte kurz und leicht / Für alle“ aus dem zu lesenden Text die Wörter mit Doppelvokalen heraus, und lasse zuerst die Buchstaben des Wortes nacheinander lesen. Dabei erscheint vor den beiden gleichen Buchstaben erst ein Kästchen, das deutlich macht, dass die Buchstaben, die in diesem Kästchen landen, nur einmal zu lesen sind bzw. einen Laut bilden. Ein Pfeil zeigt an, dass diese Konstellation den Vokal beeinflusst: Er klingt dann nur kurz. Ich zeige auch und lese das meinen Schülern vor, wie das Wort gelesen werden müsste, wenn nur ein Mitlaut nach dem Vokal käme. Siehe Bild!
Bild 2: Übung vor dem Text mit Mitlautverdoppelung
Eigentlich bräuchten wir für die klare Identifizierung der Wörter nicht mehr als diese eine Regel mit der Zahl der Mitlaute nach dem Vokal. Für lange Vokale haben sich aus früheren Zeiten aber auch andere Schreibungen erhalten.
Lange Vokale werden oft mit einem h verbunden, z.B. Bahn. Man würde aber die Verschriftung Ban genauso lesen. Das trifft auch auf die Kuh und alle anderen Wörter zu, bei denen der Vokal mit einem h ergänzt wurde. Auch diese Wörter übe ich vor dem Text. Das h wird nur am Wortanfang hörbar gelesen (Beispiel: holen) oder nach Vorsilben (Beispiel: gehalten). Manchmal ist das h auch stark übertrieben, z.B. dann, wenn es zu einem langen Vokal wie ei (bei Geweih) oder ie (bei Vieh) gehört. Solche Schreibungen sind aber sehr selten.
Bild 3: Übung vor dem Text mit Vokalverlängerung h
Schließlich gibt es auch die Vokalverdoppelung, wie z.B. bei Haar. Das a spricht man nur einmal, aber gedehnt. Eine Verschriftung Har oder Hahr würde zum gleichen Leseergebnis führen. Aber für unsere Augen (nicht für die vieler Schüler) sehen diese Schreibungen grausam aus.
Bild 4: Übung vor dem Text mit Doppelvokalen
Fazit: Wie Vokale klingen, lang oder kurz, wird auf unterschiedliche Art geregelt. Das Bild zeigt, nun schön geordnet, dass alle Verschriftungen, bei denen der Vokal ergänzt wurde, lang gelesen werden.
Bild 5: Die Vielfalt der Vokalschreibungen - bei Vokalen ohne „Anhang“ hängt die Länge des Klangs von den nachfolgenden Buchstaben ab. Das y, das wie ein langes oder kurzes i bzw. ü ausgesprochen wird, habe ich hier weggelassen.
Vokale sind lang (im Bild blau) oder kurz (im Bild rot) zu lesen.
Kurze Vokale hängen immer von der Konstellation nach dem Vokal ab. Es müssen zwei oder mehr Mitlaute kommen. Ein schönes Beispiel ist den und denn. Ausnahmen gibt es vor allem bei kurzen Wörtern, wie in, im, hin usw.
Lange Vokale werden sehr unterschiedlich verschriftet. Aber immer, wenn zwei Vokale hintereinanderstehen oder ein h nach dem Vokal kommt, heißt es, den Vokal zu dehnen. Ansonsten darf nur ein Mitlaut (h ausgenommen, denn das gehört zum Vokal) nach dem Vokal kommen, damit dieser lang klingt. Mit etwas Übung ist das leicht zu beherrschen. Und wer das weiß, tut sich in der Rechtschreibung leichter. Aber es gibt, wie überall, Ausnahmen, z.B. die Wörter Mond mit langem o oder Bart mit langem a.
Ich habe für Trainer eine PowerPoint-Übung (Dateiname: Das Geheimnis der Vokale) erstellt, durch die man sich Schritt für Schritt klicken kann. Zum Schluss gibt es in dieser Datei Beispiele für alle Vokalschreibungen (siehe Bild):
Bild 6: Beispiele für Vokalverschriftungen
Dazu habe ich ein Video aufgenommen, das sich Schüler mit ihrem Trainer auch ansehen können. Die beiden Projekte und dieser Artikel erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wissenschaftliche Genauigkeit. Sie sollen noch sehr unsicheren Lesern eine Orientierung beim Lesen von langen und kurzen Vokalen geben, und Trainern helfen, die Vokale zu erklären.
Im Download-Ordner „Für alle / Kurz oder lang“ sowie bei der Rechtschreibung „Mitlautverdoppelung“ gibt es gezielte Übungen zu diesem Thema. Unter „Online üben“ finden Sie weitere passende Videos zu langen und kurzen Vokalen im Zusammenhang mit der Mitlautverdoppelung.
Persönliche Anmerkung: Ich habe die Theorie zu den Vokalen nicht in der Schule gelernt. Wir haben sie damals auch nicht gebraucht, weil wir die ersten beiden Schuljahre keine eigenen Texte geschrieben haben. Wir haben die Handschrift geübt und vor allem viel abgeschrieben. Und wir haben gemeinsam viel in der Klasse gelesen. Deshalb wussten wir, wie man die Wörter liest und schreibt. Die Lehre hat sich geändert. Die Kinder schreiben schon sehr früh eigene Texte, obwohl ihnen dazu die Fertigkeiten fehlen. Die Probleme, die durch die Möglichkeit der frühen „Kreativitätsentfaltung“ entstehen, müssen später mühsam eingefangen werden, oft erfolglos.
Frau Dr. Dorothea Thomé und Herrn Professor Günther Thomè danke ich für hilfreiche Hinweise zu diesem Beitrag.
Literaturhinweise - https://www.isb-oldenburg.de/:
Bei Professor Günter Thomé kann man die Theorie und weitere praktische Hinweise zu diesem Thema nachlesen. In seinem sehr lesenswerten Buch DEUTSCHE ORTHOGRAPHIE – HISTORISCH, SYSTEMATISCH, DIDAKTISCH – isb-Fachverlag, ISBN 978-3-94212224-5 geht er ausführlich auf die Darstellung langer und kurzer Vokale und deren Verschriftung ein.
Außerdem ist das Thema auch in seinem ABC und andere Irrtümer ... enthalten. Ebenfalls isb-Fachverlag, ISBN 978-3-94212205-4.
Sehr empfehlenswert ist das kleine Wörterbuch von Thomé und Thomé HÄUFIGE WÖRTER – BASISKONZEPT RECHTSCHREIBEN – isb-Fachverlag – ISBN 978-3-94212225-2. Beim Nachschlagen von Wörtern stößt man gleich auf die Rechtschreibphänomene. Das Wort „mähen“ zum Beispiel steht so im Wörterbuch: „m äh e n“. Damit sieht man sofort die besondere Verschriftung des langen Vokals.