Günther Thomé – DEUTSCHE ORTHOGRAPHIE – HISTORISCH, SYSTEMATISCH, DIDAKTISCH – 2018 isb-Fachverlag, Oldenburg – ISBN 978-3-94212224-5
Wer schon einmal ein Buch von Prof. Thomé gelesen hat, wird auch dieses gerne lesen. Für alle aber gibt es einen guten Überblick über das Thema. Mit einer Träne im Auge werden Therapeuten im Kapitel zur Historie lesen, dass ein gewisser Raumer im Jahre 1855 empfohlen hat, das „v“ in der f-Lautung durch „f“ zu ersetzen. „Wenn er sich nur durchgesetzt hätte“, geht es einem da durch den Kopf. So bleibt Lehren und Therapeuten die schöne Aufgabe, sinnlose Schreibungen nach dem historischen Prinzip den Kindern zu vermitteln. Dieser weise Mensch hat übrigens damals auch gefordert, nach Kurzvokalen kein „ß“ mehr zu schreiben, sondern „ss“.
Grapheme und Phoneme werden anschaulich beschrieben. Interessant sind auch die Ergebnisse der 100.000er-Auszählung. Viel diskutierte Phänomene erscheinen hier plötzlich nicht mehr so schrecklich, wenn man sieht, dass der Laut /αι/ zu 99,53 Prozent mit ei (drei), zu 0,3 Prozent mit eih (weihen) und zu 0,17 Prozent mit ai (Mai) verschriftet wird. Auch die Einteilung in Basisgrapheme und Ortographeme lernt man verstehen. Man erhält im dritten Kapitel einen guten Überblick über die Konzepte des Rechtsschreibunterrichts. Ich denke mir dabei, dass die Methode, mit der ich in den Fünfziger-Jahren gelehrt wurde, gar nicht so schlecht gewesen sein kann. Wir wurden nicht damit traktiert, Laute in Grapheme umzusetzen. Wir haben einfach zwei Jahre lang vorgegebene Texte geschrieben, und nur Wörter, die wir gelernt hatten. Dabei ist wahrscheinlich die im Buch erwähnte innere Regelbildung erfolgt, die ich bei allen meinen Schülern schmerzlich vermisse.
Wer sich einen Überblick über das Thema deutsche Orthographie verschaffen möchte, ist mit diesem Buch sehr gut bedient.