Spaß am Lesen Verlag – Bücher in einfacher Sprache – Lesen für alle

Neulich wurde ich von einem Lesepaten gefragt, ob Texte in „Leichter Sprache“ auch etwas für das Lesetraining seien. Der Lesepate war zufällig im Internet auf diesen Begriff gestoßen.

Zunächst muss man zwischen „Leichter Sprache“ und „Einfacher Sprache“ unterscheiden. Für die Leichte Sprache gibt es zahlreiche Regelungen, bei der Einfachen Sprache kommt es nur darauf an, dass der Text auch für weniger geübte Leser übersichtlich und verständlich ist. Dazu werden in erster Linie die Sätze gekürzt, Ausschmückungen (Adjektive) weggelassen und schwierige Wörter vermieden. Das Buch „Der Altmann ist tot“ von Fräulein Krise und Frau Freitag hat im Original 303 Seiten, ziemlich eng bedruckt. Die Ausgabe in Einfacher Sprache vom Spaß am Lesen Verlag kommt mit108 Seiten aus, die noch dazu eine größere Schrift und größere Zeilenabstände haben. Die Handlungsstränge bleiben zwar erhalten, aber das Drumherum wird drastisch reduziert. Beispiel, Satz im Original: „Ich stelle meine Kaffeetasse so langsam und geräuschlos wie möglich auf den Tisch ab und unterdrücke ein nervöses Husten. Frau Herz sucht meinen Blick und hebt fragend die Schultern. Frau Nolte neben ihr hat eine Hand auf den Mund gepresst. Keine Frage – es muss etwas Schlimmes passiert sein.“ Dieser Passus geht mit mindestens noch weiteren 10 Zeilen in dem Satz unter: „Einen Moment lang ist es ganz still im Lehrerzimmer.“
Ich habe einer siebzehnjährigen Schülerin, die noch sehr schwach gelesen hat, testweise ein Buch in Einfacher Sprache zum Lesen gegeben, und zwar „Hitzewelle von Rene Appel aus dem Spaß am Lesen Verlag“. Und siehe da: Es war das erste Buch, da sie zu Ende gelesen hat. Mir wären diese Bücher einfach zu flach.

Als Ergänzung des Lesetrainings – für das Üben zuhause – halte ich Bücher in Einfacher Sprache für geeignet. Als Trainingsunterlage würde ich sie nicht heranziehen, weil die Schüler ja gerade das lernen sollen, was in Büchern in einfacher Sprache fehlt.

Die Leichte Sprache geht auf die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zurück und hat das Ziel, Menschen mit Leseschwierigkeiten die Teilhabe an Gesellschaft und Politik zu ermöglichen, hat also eine ziemlich ähnliche Funktion wie die Einfache Sprache. Allerdings wurden dafür zahlreiche Regeln aufgestellt, die der Sprache einen Hauch von Primitivität geben. Z.B. muss der Genitiv vermieden werden. Statt „das Haus meines Vaters“ muss es in leichter Sprache heißen: „Das Haus von meinem Vater“. Außerdem sind Passiv-Konstruktionen streng zu vermeiden, also nicht „morgen wird gewählt“, sondern „morgen wählen wir“. Auch negative Formulierungen soll es in der Leichten Sprache nicht geben. In einem Ratgeber zur Leichten Sprache gibt es folgendes Beispiel: „Paul ist nicht krank.“ Ersatz: „Paul ist gesund.“ Wer sich die Regeln genau ansehen will, der findet die im Internet (Suchbegriff: Leichte Sprache Regeln). Für das Lesetraining halte ich die Leichte Sprache für ungeeignet, es sei denn, es handelt sich um einen Menschen mit geistiger Behinderung. Vor allem behördliche Verlautbarungen werden immer öfter auch in Leichter Sprache veröffentlicht. Schade nur, dass die Behören sich nicht auch in korrektem Deutsch verständlich machen können und dass man dafür die Leichte Sprache, die das Deutsche ins Primitive abgleiten lässt, braucht.