Dyskalkulie-Petition – enttäuschendes Ergebnis
Enttäuschend (1) ist das Ergebnis der Petition „Einführung eines Nachteilsausgleiches für Kinder/Jugendliche mit Dyskalkulie“ im Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags nur dann, wenn man tatsächlich geglaubt haben sollte, dass die sogenannte Rechenstörung der Lese- und Rechtschreibstörung gleichgesetzt werden könnte. Ich finde, das Ergebnis ist gar nicht schlecht. Es ist der Anfang des Eingeständnisses der Schulbürokratie, dass sie für dieses Thema zuständig und verantwortlich ist. Wie sehr es sich dabei aber auch von mir um Wunschdenken handelt, …
… zeigt aber der Antrag von CSU-Abgeordneten, eine Fortbildungsreihe zum Umgang mit und zur Förderung von Kindern mit Schwierigkeiten beim Rechnenlernen anzubieten. Das wirkt angesichts der bestehenden Probleme einfach nur naiv.
Ich weiß nicht, ob die Abgeordneten, die sich mit der Petition befasst haben, die Forschungsergebnisse, die von Daniel Ansari (2) und Karin Kucian (3) auf Kongressen des BVL verkündet wurden, kannten. Wenn ja, dann hätten sie eine gute Begründung für die Ablehnung gehabt. Denn dort wurde klar erläutert, dass die für das Rechnen zuständigen Gehirnregionen durch gezieltes Üben aktiviert werden können. Dieses Üben wird heute vernachlässigt, und viele Kinder bekommen einfach nicht die Zeit, die sie bräuchten, um vernünftig Rechnen lernen zu können. Und deshalb müsste man hier ansetzten: Die Grundschulen brauchen mehr Kapazität. Mit Fortbildungskursen wird da nichts bewirkt. Es bedarf schlicht und einfach mehr Lehrpersonal.
Die Politik redet gerne über die Wichtigkeit von Bildung. Fest steht, dass eine gute Bildung die besten Voraussetzungen schafft, um Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. Aber alles schöne Gerede hilft nichts, wenn nicht auch die Mittel fließen. Die viel bejubelten Investitionen in Computertechnik an Schulen werden verpuffen, wenn die Lehrer fehlen, die die neuen Medien einsetzen und mit ihnen den Kindern Lernstoff nahebringen sollen. Aber auch dabei werden Kurse nicht reichen. Die gesellschaftlichen Veränderungen führen dazu, dass Kinder heute mehr Zeit, Übung und Aufmerksamkeit in der Grundschule brauchen, und zwar beim Erlernen des Lesens, Schreibens und Rechnens. Die Politik sollte dem Rechnung tragen und handeln. Die Prozentzahlen der Kinder mit Leseschwierigkeiten steigen kontinuierlich. Und beim Rechnen wird es genauso sein.
Anmerkung 1: LEDY 01.2018 – Seite 38 – Petition zur Dyskalkulie – Wieder einmal enttäuschendes Ergebnis bzgl. Dyskalkulie
Anmerkung 2: Daniel Ansari – Die Neurobiologie des Rechnens – 18. Bundeskongress des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie e.V. – 9.–11. Mai 2014 – Erfurt
Anmerkung 3: Karin Kucian – Neurobiologie der Rechenstörung – 19. Bundeskongress des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie e.V. – 17.-19-03.2017 – Würzburg
2 Kommentare von meiner früheren Internetseite:
- Samstag, 06 Juli 2024 00:24 gepostet von Maximilian Mathematik – Interessanter Einblick, Herr Rudolph! Die Betonung auf die Notwendigkeit zusätzlicher Lehrkräfte statt bloß mehr Fortbildungen ist besonders relevant. Mehr direkte Unterstützung im Klassenzimmer könnte wirklich den Unterschied machen, besonders für Kinder mit speziellen Bildungsbedürfnissen wie Dyskalkulie.
- Dienstag, 17 Juli 2018 09:31 gepostet von Loutfi Sabine – Hallo,
am besten finde ich den Satz „Es ist der Anfang des Eingeständnisses der Schulbürokratie, dass sie für dieses Thema zuständig und verantwortlich ist.“
Wir (und das schreibe ich absichtlich so, den es ist Ende der zweiten Klasse zum Familienthema geworden) sind selbst betroffen. Als 4 fache Mutter (3 Söhne, 25, 21, 19 1 Tochter 8 Jahre) war mir schon nach 2 Monaten in der ersten Klasse klar, dass meine Tochter Rechenschwach ist bzw. eine Dyskalkulie hat.
Was wir seitdem mitgemacht haben ist unvorstellbar. Meine Tochter wurde entweder in der Klasse „sich selbst überlassen“ oder „einfach dumm angeredet oder angeschimpft“. Alles was bisher an Förderung gemacht wurde entstand auf meinen Druck bzw. meine Eigeninitiative. Egal ob MSD Förderstunden, Jugendamtsanträge für Kostenübernahme, Ergotherapie ect.
Null Kommunikation zwischen Lehrer – Schulleitung und uns. Man will einfach keine Gespräche führen. Man fühlt sich im Regen stehen gelassen! Und das schlimmste wie schlecht es dem eigenen Kind damit geht. Ich bin masslos enttäuscht. Solcherlei Probleme hatte ich mit den Söhnen Gott sei Dank nicht.
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