Legasthenie oder LRS – braucht man eine Diagnose?
Zur Leseförderung kam ich über eine Legasthenikerin, die in der 8. Klasse einer Mittelschule überhaupt nicht lesen konnte und Matheaufgaben über den vorgelesen bekam. Ohne einschlägige Erfahrung habe ich mich, frisch pensioniert, spontan entschlossen, diesem Mädchen zu helfen. Und es hat geklappt. Nach eineinhalb Jahren und ca. 180 Übungsstunden bestand das Mädchen den schriftlichen Einstellungstest einer großen Firma und bekam die beste Lehrstelle der Klasse. Deshalb ist mir alles, was Legasthenie mit medizinischen Begriffen in Verbindung bringt, zuwider.
Mich interessiert es auch nicht, ob meine Kinder eine Legasthenie-Bescheinigung haben, wenn ich das Training aufnehme. Ich schaue einfach, wo es hakt, und da setze ich an. Und wenn es nicht vorwärts geht, überlege ich, wie ich das Training anders gestalten kann, damit wir auf die Erfolgsspur kommen.
Wenn man bei einem Kind Leseschwierigkeiten feststellt, ist sofortige Hilfe angesagt. Aber, viele meinen, sie müssten das erkannte Problem erst noch durch eine Diagnose amtlich machen. Dabei geht viel Zeit verloren. Leider hängt an dieser Diagnose aber oft die Finanzierung der Förderung. Deshalb kann dieses Thema auch wichtig sein, zumal auch der Nachteilsausgleich und der Notenschutz davon abhängt.
Ich fand es furchtbar ernüchternd, als ich feststellte, dass man die Legasthenie bescheinigt bekommt, wenn man normal intelligent ist, aber zu viele Lese- oder Rechtschreibfehler macht. Die Anzahl der Fehler beim Lesen und Schreiben kann doch kein Grund oder Ausschlussgrund für eine Krankheit sein. Ist man hochintelligent, kann man sogar mit weniger Fehlern die Bescheinigung bekommen, weil die Erwartung höher ist. Ist man zu wenig intelligent, gibt es keine Bescheinigung. Gibt es einen erkennbaren Grund für die Lese- oder Rechtsschreibprobleme, ist eine Legasthenie ebenfalls ausgeschlossen. Zum Beispiel, wenn kein Schulbesuch möglich war. Blinde können per Definition keine Legastheniker sein. Überspitzt formuliert: Hat ein Kind gravierende Lese- oder Rechtschreibprobleme, kann es auf keinen Fall an der Lehre in der Schule liegen, es muss eine Krankheit bzw. eine Behinderung sein. Anders sind die schwachen Leistungen nicht zu erklären. (Sarkasmus Ende!)
Meine Kollegin Dina Beneken aus dem Kompetenzzirkel Lernen hat dazu einen Blog geschrieben, auf den ich hiermit verlinke:
https://lerntherapie-beneken.de/dyskalkulie-diagnose-ja-oder-nein
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