Rechtschreibung vereinfachen: Das v streichen!
Wahrscheinlich habe ich Sie mit dieser Überschrift erschreckt. Diesen Vorschlag gab es aber tatsächlich, und zwar auf einer Rechtschreibkonferenz im Jahr 1855. (Quelle: Günther Thomé – DEUTSCHE ORTHOGRAPHIE – HISTORISCH, SYSTEMATISCH, DIDAKTISCH) Der Professor mit dieser fortschrittlichen Idee konnte sich aber nicht durchsetzen. Sein Argument, dass das v zum f redundant sei, zog nicht. Die Mehrheit wollte keine Veränderungen und beim Gewohnten bleiben. Man stelle sich vor, der mutige Professor hätte sich durchgesetzt, dann würden wir heute Fater und Fogel schreiben, und keiner würde sich daran stören, …
… weil wir diese Schreibweise gewohnt wären. Wir hätten sie auch gar nicht anders kennengelernt. Es gäbe viel weniger „Merkwörter“.
Wenn sehr viele Menschen etwas gleich schreiben, kommt uns das normal vor. Zu meiner Zeit schrieb man „im voraus“ klein. Klar, „voraus“ ist kein Nomen. Aber immer mehr Menschen schrieben „im Voraus“, weil sie in der Rechtschreibung nicht sicher waren und dachten, in der Formulierung „im voraus“ sei ein versteckter Artikel enthalten, der zur Großschreibung zwinge. Und irgendwann erkannte der Duden aufgrund der Menge der Fehler beide Schreibweisen als richtig an. Heute ist laut Duden nur noch „im Voraus“ richtig. Wir haben uns an diese Falschschreibung gewöhnt. Leichter wurde die Rechtschreibung dadurch allerdings nicht. Denn es gibt für solche Änderungen keine Logik. „Vor kurzem“ oder „vor Kurzem“? Heute ist beides noch richtig. „Vor allem“ ist laut Duden nur mit Kleinschreibung möglich. Erklären kann ich das meinen Schülern nicht.
Für die Schüler teilt man heute die Wörter in Nachsprech-, Nachdenk- und Merkwörter ein. Meine Generation (Schulzeit 1950-1960) kannte diese Gliederung nicht. Es war für uns trotzdem kein Problem, die V-Schreibungen richtig zu lernen, denn wir hatten Zeit, die Wörter zu üben, bevor wir drauflosschreiben mussten bzw. durften. Wörter mit v werden heute als Merkwörter bezeichnet, weil man das v (als Unterscheidung zum f) nicht hört und es keine Regel für die V-Schreibung gibt. Bei der Unterscheidung von f und v kann man sich als Regel höchstens merken, dass die Vorsilben ver und vor immer mit v geschrieben werden und dass es mehr Wörter mit f als mit v gibt.
Heute meint man, es wäre für die Schüler leichter, sich für die Wörter, die nicht so geschrieben wie sie gesprochen werden, ein paar Regeln zu merken und diese beim Schreiben anzuwenden, als zuerst eine Menge Wörter zu üben. Man braucht nur noch relativ wenige Wörter zu üben, nämlich die Merkwörter, und dazu zählen eben auch alle Wörter mit dem Buchstaben v, der dem Laut f oder sehr selten dem Laut w entspricht.
Viele Eltern sagen, dass ihr Kind, wenn man es danach fragt, wie ein Wort geschrieben wird, die richtige Antwort gibt. Im Aufsatz ist dieses Wort aber wieder falsch geschrieben. Warum ist das so? Das Kind muss beim Aufsatz gleichzeitig überlegen, was es schreibt, wie das Wort richtig zu schreiben ist und wie es die Buchstaben zu Papier bringt. Solange Handschrift und Rechtschreibung nicht automatisiert sind, muss das Kind an drei Dinge gleichzeitig denken und ist damit überfordert. Die flüssige, leichtgängige Handschrift zu üben, ist deshalb der erste Schritt bei Rechtschreibschwierigkeiten.
Wie ich die Merkwörter mit v übe, zeige ich in den folgenden Bildern. Zu jedem Arbeitsblatt für den Schüler gibt es eine animierte PowerPoint-Version für den Trainer, mit der er Schritt für Schritt vorgehen kann. Die hier gezeigten Arbeitsblätter können auch als Hausaufgabe aufgegeben werden.
Zum Blatt 02: Die Merkwörter mit v werden geschrieben. Die Bilder dienen als Merkhilfe.
Zum Blatt 03: Hier schreibt der Schüler die Wörter, die der Trainer in der PowerPoint-Version im nächsten Bild zeigt. Die Liste ist offen, sie kann von jedem an individuelle Bedürfnisse angepasst werden.
Zum Blatt 04: Alle Lösungswörter müssen ein v beinhalten. Der Trainer hat dazu eine animierte Version mit den Lösungen. Die Übung dient als Gedächtnistraining.
Zu den Blättern 06 und 07: Zwei Übungen für „Spitzenkönner“!
Zusätzlich gibt es weitere Übungen zum Festigen der Schreibweise dieser Wörter sowie Wörterkarten zum Üben, denn man kann sich Merkwörter sehr gut mit Lernkarten einprägen.
Die Übungen befinden sich im Ordner Rechtschreibförderung!
Günther Thomé – DEUTSCHE ORTHOGRAPHIE – HISTORISCH, SYSTEMATISCH, DIDAKTISCH
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!