Tandemlesen
Wenn mich Eltern fragen, wie sie mit ihrem Kind am besten üben können, empfehle ich oft das Tandemlesen. Auf einem Tandem bewegen zwei Personen gemeinsam das Rad vorwärts. Beim Tandemlesen lesen zwei Personen gemeinsam laut denselben Text. Warum ist das ein guter Tipp für das Üben zuhause?
Zuerst kommt es darauf an, wie die Lesefähigkeit des Kindes schon entwickelt ist. Vor allem, wenn es darum geht, die Leseflüssigkeit zu verbessern, dann ist diese Methode sehr hilfreich. Tandemlesen ist nicht auf allen Stufen des Leselernprozesses die Lösung. Noch sehr schwache Leser wären mit dieser Methode überfordert.
Ohne die bei der Leseförderung unverzichtbaren Tugenden Geduld, Einfühlungsvermögen und Motivation geht es auch beim Tandemlesen nicht. Die Regeln kann man selbst bestimmen.
Normalerweise empfehle ich für das Lesetraining kurze, in sich geschlossene Texte. Beim Tandemlesen kann man auch ein Kinderbuch gemeinsam lesen. Der Erwachsene liest in der Geschwindigkeit, die das Kind nicht überfordert, mit leicht gedämpfter Stimme und guter Betonung. Das Kind liest mit normaler Stimme.
Stolpert das Kind beim Lesen, wird der Satz wiederholt. Das muss, ohne das Kind zu kritisieren, einfach vonstattengehen. Ich sage dann immer: „Stopp, wir wiederholen gemeinsam der Flüssigkeit wegen!“
Bei Wörtern, die das Kind möglicherweise nicht kennt, fragt man nach der Bedeutung. Solche Wörter kann man auch markieren, um später noch einmal darauf zurückzukommen.
Ein wichtiges Lernprinzip ist die Wiederholung. Je nach Fähigkeit des Kindes werden Sätze oder Absätze wiederholt, durchaus auch mehrmals. Das ist wie beim Training im Sport. Dort mault auch kein Fußballer, nicht einmal ein Star, wenn eine Freistoßvariante mehrmals hintereinander geübt werden muss. Zum Schluss kann auch der gesamte Text der Übungseinheit vom Kind wiederholt werden.
Wenn man einen schwer zu lesenden Satz schon im Voraus erkennt, kann man seinem Kind sagen: „Stopp, ich lese mal vor, und dann liest du allein.
Man kann überhaupt auch abwechselnd lesen. Dann vereinbart man am besten ein Verfahren, wie man das Kind auf Lesefehler aufmerksam macht, zum Beispiel durch Klopfen. Man kann sich auch etwas Lustiges einfallen lassen. Das Kind sollte dabei lernen, zu erkennen, wenn der Text keinen Sinn ergibt und den Satz dann von vorne wiederholen.
Wenn man selbst vorliest, sollte das Kind danach immer wiederholen. Bei noch schwächeren Schülern ist es sinnvoll, das in sehr kleinen Abschnitten, z.B. satzweise zu tun. Falls das Kind den Satz nicht liest, sondern aus dem Gedächtnis aufsagt, lässt man erst nach zwei oder drei Sätzen das Kind wiederholen. Später eignen sich dann ganze Absätze.
Wenn der Erwachsene vorliest, kann er dem Kind auch ankündigen, dass er ein paar Fehler machen wird. Das Kind soll dann eingreifen. Dabei darf man das Kind aber nicht überfordern.
Bei manchen Kindern geht die Blickrichtung von rechts nach links. Man erkennt das daran, dass diese Kinder oft den dritten vor dem zweiten Buchstaben lesen, Oder es werden Teile der Wörter von rechts gelesen bzw. zu erraten versucht, zum Beispiel bei im wird das Wort mit geraten. In diesen Fällen empfehle ich zur Schulung der Blickrichtung mit dem Finger oder mit einem Stift unter dem gerade gelesenen Text entlangzufahren.
Frusterlebnisse sind zu vermeiden. Anspornen ist wichtig, Loben darf nicht vergessen werden.
Tandemlesen geht am besten in Präsenz. Aber es funktioniert auch online, wobei es da auf eine sehr gute Internetverbindung ankommt. Ich beobachte dabei immer meine Schüler, ob sie auf den Bildschirm schauen.
Andreas Barnieske – In Lautlesetandems die Leseflüssigkeit trainieren – Auer: Auch für Lesepaten geeignet, vor allem, weil viele geeignete kurze Texte enthalten sind. Es werden aber hauptsächlich Lehrpersonen angesprochen, die diese Methode in der Schule einsetzen wollen.
Kerstin Hesse – Tandem-Lesen – VDM Verlag Dr. Müller: Aktivierung der Potentiale heterogener Lerngruppen: Stark wissenschaftlich durchtränkt, eher für Lehrpersonen geeignet, doch durchaus auch mit nützlichen Tipps.
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